Ode an die Kommode

Vor einiger Zeit ging ich auf Erkundungstour in einer ultraaltehrwürdigen Fakultät einer uraltehrwürdigen Universität. Alle Gänge waren leer und bloß und so und bloß Leere resonnierte aus den verlassenen Klassenzimmern. In der Bibliothek hingen ein paar Leute rum, die Sims 4 spielten, und ich glaube, ich sah den ein oder anderen verschreckten Wissenschaftler von einem Büro ins andere huschen.

So weit, so uninteressant, und wozu ich eigentlich nur hinleiten wollte: an einem lang unbenutzten Korkbrett hing eine ausgedruckte Version dieses anonymen Gedichts rum:

Ode an die Kommode

Ihre Schönheit ist die eines Gebrauchsgegenstandes;
Ihre ausgetretenen Flecken
Weisen über sich hinaus:
Vielleicht zeigen sie die Zukunft;
Und wie in einer Sanduhr bröselt Staub
Aus ihren abgetragenen Ecken.

War die Bib jemals so sauber?
Niemand zerpflückt mehr die Zeitschriftenseiten
Und alle Regiers und Maurer
Stehen mitgenommen, doch diszipliniert
Auf den ihnen zugewiesenen Plätzen
In Reih und Glied.

Das Kommen und Gehen, das Hallen der Schritte im Foyer
Folgt ungeschriebenen Gesetzen;
Loseblattblätter fallen wie Schnee –
Ein Kalender der Krankheit mehr –
Die Zeiger der Uhren zeichnen seltsame Zeichen
Keine Musik, nur noch Kälte in der Luft von der Staatsoper her.

Die geschwungenen Gänge, nun nicht mehr schwungvoll,
Die leeren Säle, die einmal übervoll waren
Nur noch frequentiert von einer gefangenen Zugluft;
Stimmlos spukt sie: was hab ich getan?
Sinnlose Silben, Humboldt Humboldt,
Hallen, wo einst mächtige Männer Bauchreden schwangen.

Früher war ich oft,
Übermüdet den ganzen Tag
An der Kommode

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